Glas und Praxis

3.5.1. Sicherheitsgläser müssen geplant und vorgeschrieben werden Die Glasindustrie bietet eine grosse Palette von Gläsern mit Sicherheitseigenschaften an. Aus naheliegenden ökonomischen Gründen werden jedoch, wenn keine Sicherheitsanforderungen de- finiert sind, normale Floatgläser verwendet. Dies führt leider oft zu sicherheitsrelevanten Miss- verständnissen mit gefährlichen Folgen. Eine seriöse Planung setzt daher zwingend eine Nut- zungsvereinbarung zwischen Architekt und Bauherrschaft voraus. In dieser werden neben der Festlegung der Art der Nutzung der verschiedenen Gebäudeteile, die Sicherheitsanforderungen (aktive und/oder passive) an die Verglasungen festgelegt. Die Nutzungsvereinbarung bildet die Grundlage zur Bestimmung der erforderlichen Glasqualität zusammen mit dem Glasfachmann. 3.5.2. Auch die stärksten Gläser können brechen Glas ist zwar ein hochfestes, leider aber sprödbrechendes Material. Der Werkstoff verhält sich nahezu vollkommen elastisch und verfügt über keine Plastifizierungsmöglichkeiten, die es ihm erlauben würden, Spannungsspitzen zu verlagern wie das etwa bei Metallen möglich ist. Diese Eigenschaft macht Glas in einem gewissen Sinne „unberechenbar“. Es ist daher immer davon auszugehen, dass Glas durch einen unvorhersehbaren äusseren Einfluss (z. B. Steinschlag oder Hitzeeinwirkung, usw.) brechen kann. Die Garantieleistungen des Glaslieferanten schliessen daher in der Regel das Bruchrisiko aus. Deshalb ist der Abschluss einer speziellen Glasbruchversicherung zur materiellen Deckung von Glasbruchschäden üblich. Um zu verhindern, dass bei einem Glasbruch Personen gefährdet oder gar verletzt werden kön- nen, sollte in jedem Fall die Überlegung „was passiert bei oder nach einem Glasbruch?“, in die Planung mit einbezogen und die notwendigen planerischen Vorkehrungen getroffen werden. Oft kann durch den Einsatz von speziellen Verbundsicherheitsgläsern diesem Sicherheitsrisiko Rechnung getragen werden. 3.5.3. Gläser sollten mit vernünftigem Aufwand ersetzt werden können Die verbesserten physikalischen, statischen, konstruktiven und sicherheitstechnischen Eigen- schaften, insbesondere aber Einfach- und Isoliergläser mit bis dahin undenkbaren Abmessun- gen, erlauben dem Planer eine immense Gestaltungs- und Umsetzungsvielfalt, die oft bis an ihre Grenzen ausgenutzt wird. Da Gläser aber nach deren Einbau, wie unter Punkt 3.5.2. erläutert, durch unvorhersehbare äussere Einflüsse brechen oder ihre ästhetische Vollkommenheit (z. B. durch Verkratzungen) einbüssen können, ist es unumgänglich, sich mit der Frage der Austausch- barkeit der Verglasungen auseinanderzusetzen. Umsichtige Planer und Gestalter sorgen dafür, dass einzelne Gläser jederzeit, auch nach Bauvollendung mit einem vernünftigen Aufwand er- setzt werden können. Dabei sollte das Augenmerk insbesondere auf eine einfache Montier- und Demontierbarkeit sowie auf sinnvolle Zugänglichkeit (Zufahrt, Erreichbarkeit mit Kranausleger, usw.) für die Ersatzverglasung gelegt werden. Auch dieses Detail gehört zum nachhaltigen Bauen und Planen.

Der Baustoff Glas I 39

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